rein theoretisch ist alles gut

Heim und Herd: Sind Vollzeit-Mütter besser dran?

Wer mich kennt, kennt meine Augenbraue. Die ist ziemlich trainiert. Vor zwei Tagen war sie ganz schnell sehr weit oben, als ich unter meinem “Working Mom” Beitrag (der inzwischen 2.600! mal geteilt wurde) folgenden Kommentar las:

A parent: Toll geschrieben und die Frage: Warum bleibst du nicht zu Hause?*Wer sich für Kinder entscheidet, sollte nach meiner Meinung, mind. im Vorfeld entschieden haben nicht arbeiten zu gehen, um sich nicht dem mögl. Spagat auszusetzen und sich Vollzeit um das Kind kümmern zu dem man sich, vorzugsweise gemeinsam, entschieden hat. Wenn man eine SuperMami sein muss, dann nur für seine Kinder und für niemand anderen.

Gruß

*Solltest du darauf angewiesen sein, da es keinen Partner gibt, ist die Frage zurückgezogen.
Zudem, falls die Frage aufkommt, wir haben es bei allen Kindern so gemacht und mögliche finanzielle Einschnitte in Kauf genommen.

In einem ersten Reflex, hämmerte ich einen sehr gemeinen Satz in die Tastatur meines Laptops. Aber da ich in den letzten drei Jahren ja sehr viel Zeit für mein persönliches Wachstum hatte und Yoga und viele andere Sachen, die mich zu einem besseren Menschen machen, von dem alle etwas haben, löschte ich alles wieder. NAMASDOCHNICHT!

Ich rollte meine lila Yogamatte aus, machte 15 Mal wild hechelnd den nach unten schauenden Hund, und aß im Anschluss eine Tafel Karamell-Schokolade.

Danach antwortete ich a parent. Und sank ins Bett in einen wohlverdienten, erholsamen Schlaf. In dieser Nacht hatte einen Traum, den ich hier mit Euch teile.

Das Leben ein Traum – ein Gedankenspiel:

Ich war wieder schwanger. Der Vater meines Kindes war ein attraktiver, solventer Mann aus einem italienischen Industriellenclan. Leider hatte er sich gegen den Patriarchen aufgelehnt und wurde von der Familie verstoßen (ich brauche immer ein bisschen Drama sorry). Er war nun nicht mehr Milliarden schwer, aber immerhin drogenfrei. Er ging nach Deutschland, studierte dort Philosophie und Wirtschaftswissenschaften, und wurde Junior Professor an einer altehrwürdigen Universität. Im Flur traf er mich, als ich bei einem Kollegen gerade meine Doktorarbeit besprechen wollte.

Wir verliebten uns, schwebten auf Wolke sieben, und er machte mir – selbstverständlich nach Abgabe seiner und meiner Doktorarbeit – einen Antrag. In der Verlobungszeit planten wir unsere Zukunft als Familie vorausschauend, liebevoll, fair. Dann war es endlich soweit: Wir heirateten auf einem alten Weingut in der Toskana. Alles verlief nach Plan: Ich wurde in der Hochzeitsnacht schwanger (Juhu). Die folgenden Monate arbeite ich sehr erfolgreich, aber halt nur bis zum Mutterschutz in einem Institut an der Uni. Ich war ein sehr kluger Kopf.

Wenn Mutti doch verheiratet wäre:

An meinem letzten Tag unter den Kollegen war ich zwar traurig, aber mein Mann und ich hatten ja intensiv diskutiert. Wir waren zu dem Schluß gekommen: Da in Deutschland der Spagat zwischen Kind und Beruf immer noch so stresst, ist es einfach besser für mich, meine Haut, die Kinder, ihn und alle, wenn ich zuhause bleibe. Das konnten wir uns auch leisten. Mit dem Professorengehalt und dem Ehegattensplitting hatten wir ein sehr üppiges Haushaltsbudget, das von mir in den nächsten Jahren eigenverantwortlich verwaltet werden würde. Das erste Kind kam. Ich ging auf in meiner Mutterrolle, und gründete eine PEKIP-Gruppe in meinem 28 qm großen Sonnen durchfluteten Wohnzimmer. So verging das erste Jahr, das zweite Jahr, das dritte Jahr.

Alles nach Plan und glücklich:

Ich hatte inzwischen noch ein zweites Kind, eine Tochter. Toll. Und eine französische Bulldogge namens Odin, die mir jeden Donnerstag die Zeit aus dem Briefkasten holte – und nie auf meine Yogamatte pinkelte. Alles verlief nach Plan. Außer: Mein Sohn stand nur auf der Warteliste vom Waldorfkindergarten. Ich hatte mich neu entdeckt, ich wusste gar nicht, dass ich filzen konnte oder backen. Ich überlegte kurz, ob ich mich mit glutenfreien Geburtstagstorten selbstständig machen sollte, verwarf diesen Gedanken aber wieder. Wir wollten nämlich die Villa renovieren in der wir nun lebten.

Mein Mann war inzwischen ein gefragter Keynote Speaker. Wir waren glücklich wie am ersten Tag und manchmal, wenn die Kinder bei unseren Nachbarn waren, machten wir wilde Sachen, wie in unserer Hochzeitsnacht damals in der Toskana.

Ich war ab und zu sehr müde, aber als ich mit meinem Mann darüber sprach, entschieden wir gemeinsam: Ich brauche Entlastung. Ein Au pair muss her.

Heim und Herd ist gar nicht so schlecht:

Da eine befreundete Familie keine Familie mehr war, wegen dem attraktiven Au pair Mädchen aus Mittelamerika, begrüßten wir einen nicht weniger attraktiven jungen Mann aus Lettland bei uns. Er war 1,89 m groß und Basketballer. Das war praktisch, ich brauchte für viele Dinge keine Leiter mehr. Im Sommer tollte Andris ohne Hemd im Garten mit den Kindern – und einmal brannten mir deswegen die glutenfreien Muffins an. Ich kam aber damit klar. Ich war sehr glücklich. Mein Mann auch. Und die Kinder.

Meine Freundinnen aus der Uni, die noch am Institut waren, hatten mehr Falten als ich. Sie kamen nicht so oft zu uns, weil sie so müde waren. Manche waren sogar getrennt, Ich war froh, dass ich einmal im Monat zur Kosmetikerin gehen konnte, und so viel Zeit hatte, vor allem für meinen Mann und die Kinder.

Und dann wachte ich auf. Also ich die echte Susanne hier im Blog. Ich schrieb meinen irren aber schönen Traum in ein kleines Notizbuch auf meinem Nachtisch, und ging ins Bad. Ich tätschelte ein Serum auf meine Augenringe, zupfte mir ein graues Haar aus meinem Ansatz, und lächelte mir im Spiegel aufmunternd zu. Und dann machte ich mir Kaffee, und hoffte dass mein Kind heute bitte 15 Minuten länger schläft als sonst.

Jetzt und Hier – warum das Glück allein nicht reicht:

Ich dachte beim Herunterschlucken meines Schildrüsenhormon-Präparats an ein paar Frauen, die so lebten wie die Frau in meinem Traum bis der Mann dann festgestellt hat, dass er noch mal von vorne anfangen will. Tja. Kann passieren. Trotz aller Pläne und guten Absichten. Einige dieser Frauen hatten Glück im Unglück, weil die Trennung sehr fair verlief. Weil zum Beispiel die “Villa” auf beide eingetragen war. Und im Familienheim jetzt nicht einfach die alte Frau auszieht und die andere ein. Oder die Kinder sind noch klein, dass heißt nämlich, dass es Betreuungsunterhalt gibt.

Doch das ist ein Glück, weil es leider sehr schwierig ist aus der Familienpause wieder einzusteigen in einen Beruf, den man gar nicht oder nicht lange ausgeübt hat. Als Mutter mit Kind (ern) ohne Berufserfahrung ist es schwer einen Job zu finden. Und dann noch einen von dem überhaupt irgendwie leben kann. Aber ich unke wieder: Es gibt ja Paare, die wirklich an alles denken.

Eine ganz glückliche Mutter in meinem Bekanntenkreis hatte sogar eine private Zusatzrente abgeschlossen und eingezahlt, obwohl sie in all den Jahren kein Einkommen hatte.

Ja liebe Liebenden: Es war noch nie so einfach als Mutter ins wirtschaftliche Nichts zu rutschen wie heute. Und es ist sehr naiv zu glauben, dass alle Pläne im Leben aufgehen. Ich wünsche jedem von Herzen, dass er seine Kinder unter glücklichen Umständen bekommt, aber: Das Glück ist ziemlich launisch und kapriziös. Gerade wir Frauen dämmern sehr oft in einem Zustand imaginärer Gleichberechtigung und Sorglosigkeit vor sich hin. Das meine ich nicht so böse wie es klingt. Aber was passiert denn, wenn nichts so bleibt, wie es ist oder geplant wird?

Nein ich habe nicht bis vor drei Jahren mit einem Professor in einer Villa gelebt.

Ich werde demnächst einen Beitrag schreiben: Richtig vorsorgen mit quasi nix. Recherchen laufen, werde sogar Exfreund – alias der Banker – ausquetschen. Nein das ist nicht der von dem das Kind ist.

Und wer sich vorbereiten will auf das was da kommt, wenn er arbeiten geht, dem empfehle ich meinen Beitrag über die Top-Killersätze, die keine arbeitende Mutter braucht.

« »