“Meine Liebe du musst mehr posten – die Leute wollen nicht nur Geschichten, die brauchen auch mal Rezepte oder so, damit sie dich finden und wiederkommen”, sagte vor kurzem jemand zu mir, der mit seinem Blog Geld verdient.

“Wäre das nicht schön – endlich viel Geld verdienen”, flüsterte mir mein unterentwickelter Geschäftssinn ins linke Ohr.

Ich müsste nie wieder zu einem Probearbeiten bei dem ich mir vorkomme wie eine mittelalte ABM Maßnahme, obwohl alle total nett sind. Manchmal ist man einfach nicht am richtigen Platz. Kommt vor. Aber nagt am Ego. Apropos nagen:

Was ein Suppenrezept mit den eigenen Ansprüchen zu tun hat

Gestern war ich in meiner Küche. Ich wollte mir eine Suppe kochen deren Rezept mir bei Facebook als gesponserter Beitrag vors Auge poppte. Ich mag Suppen – sie wärmen Magen, Herz und sind nicht besonders anspruchsvoll. Ich hatte mir allerdings etwas herausgesucht, was eigentlich gar nix für mich war. Das Rezept basierte nämlich auf einem Hühnerfilet.

Ich habe nichts gegen Hühner, allerdings sind sie mir lieber, wenn sie frei laufen, statt in einer Suppe zu schwimmen. “Was soll’s”, dachte ich, “ich lass das Huhn einfach weg”. Verzicht ist ja total in.

Das ist übrigens voll mein Thema – Erfolgsmenschen würden sagen: Darin hab ich total viel Expertise. Seit dem Jahr 2014 schränke ich mich in verschiedenen Bereichen meines Lebens ein. Und die Zeit davor war auch kein Zuckerschlecken. Weil bei Facebook erfolgreiche Gurus ständig behaupten, dass Krisen wichtig sind, weil sie dich mit der Essenz deines Wesens verbinden, muss ja was dran sein.

Essenz ist ein gutes Stichwort – das erinnert mich nämlich daran, dass es hier um ein profanes Suppenrezept geht! Zurück zum Thema: Ich sehe den Verzicht von Hühnerfilet in diesem Fall als totalen Gewinn für meine persönliche Entwicklung. Om. Beim ersten Löffel meiner Suppe musste ich mir allerdings eingestehen: Verzicht ist nicht immer gut.

Erfahrungen und was du draus machen kannst:

Die Limette knallte so auf der Zunge, dass von der Tomate, die schon genug Säure hat, nix blieb ausser der schönen Farbe. Gut dass ich in meinem früheren Leben sehr viel essen musste. In meinem Kopf ratterten alle Gerichte durch in denen Tomate eine Hauptrolle spielte und die meine Laune himmelwärts hoben. Und siehe da:

Ich landete in einem Restaurant in einer Stadt, die gerade Schlagzeilen macht, weil jeden Montag dort viele verwirrte Menschen für mehr rein deutsche Gerichte demonstrieren.

Ich saß damals bei einem Probeessen für das ich weder Zeit noch Lust hatte, als mich der ultimative Geschmackshammer in Form eines Tomaten-Vanille-Süppchens traf. Ich stöhnte zur Freude aller versammelten Köche auf – mein Kopf hatte daraufhin die gleiche Farbe wie die Suppe. Ich hatte plötzlich und unvermittelt einen multiplen Geschmacksorgasmus.

Warum weniger doch mehr ist – ausser bei Gewürzen:

Ich kratzte in stillem Gedenken an diesen Moment feierlich das Mark einer Viertel-Vanilleschote ab, und versenkte die Pünktchen in der Suppe. Dabei fiel mir ein, wie anspruchsvoll der Kunde war für den ich diese Suppe auslöffeln musste – und was ich sonst noch so alles auslöffeln musste bei diesem Projekt. Wie gut dass ich nicht mehr erfolgreich bin, entfuhr es mir spontan.

Ich bin vieles nicht mehr, und ich kann vieles nicht mehr, einiges lerne ich auch nicht mehr und wozu muss ich überhaupt alles können?

Mit dieser Erkenntnis hab ich mich getraut etwas Honig in den Topf zu rühren. Und weil ich richtig schön in Fahrt war, ging es munter weiter: Ich hab noch Koriander, etwas Cumin und eine Mini Messerspitze frischen Kurkuma zu der Suppe gegeben. Im Hintergrund lief BR Klassik und mein Kind spielte im Wohnzimmer Lego. So kann es sein das perfekte Leben. Jawohl: Es ist immerhin warm, ich habe einen Herd, ein Dach über dem Kopf und meinen Nachwuchs.

In diesem Augenblick hab ich mich daran erinnert, dass es noch eine Woche bis zum nächsten Monatsersten ist – und verflucht, dass ich daran überhaupt gedacht hatte. Nun ja. So ist das, wenn wir nicht im Jetzt und Hier bleiben. Jetzt erstmal Suppe:

Rezept:

  • 1 Avocado
  • 1 Limette
  • 5 Tomaten, gewaschen & halbiert
  • 1 mittelgroße Zwiebel, kleingeschnitten
  • 1/2 Knoblauchzehe, kleingeschnitten
  • 1 Chilischoten, kleingehackt
  • 1/4 Vanilleschote bzw. deren Mark
  • 1/2 TL Honig
  • Cumin, Koriander gemahlen jeweils Messerspitze und etwas frischen Kurkuma
  • ca. 500ml Gemüsebrühe
  • Salz & Peffer
  • 1 EL Olivenöl

Anleitung

  1. Öl in einem Topf erhitzen. Kleingeschnittene/n Zwiebel, Knoblauch und Chilischote ca. 3 min darin andünsten.
  2. Den Saft einer Limette dazugeben.
  3. Nun die Tomaten dazugeben und anbraten, den Honig zugeben.
  4. Würzen mit Vanille, Cumin und Koriander, Salz und Pfeffer
  5. Die Brühe hinzufügen und alles köcheln lassen (ca.15 Minuten bis die Zwiebeln weich sind).
  6. Zum Schluß Avocado kleinschneiden und in der Suppe kurz vorm Servieren verteilen